2023 stand mein Blog unter dem Motto „Biodiversität“. Ihr Verlust birgt viele künftige Risiken. Und es ist unvorstellbar, wenn es im Garten nicht wuselt, summt und brummt. Deshalb versuche ich meinen Garten naturnah, tier- und pflanzenfreundlich zu gestalten. Und das beschert mir immer spannende Naturerlebnisse, wovon ich einige des letzten Jahres nun teile.

 

Ölkäfer, Holzbiene und erste Tagfalter – die Vorfrühlingsboten

Foto oben: Ölkäfer sind mit der Spanischen Fliege verwandt. Bei Bedrägnis kann der Ölkäfer ein Reizgift in Form einer öligen Flüssigkeit verströmen. Daher den Käfer am besten einfach in Ruhe lassen und sich am ungewöhlichen Erscheinungsbild erfreuen.

Anfang März stehen bereits alle Zeichen auf Frühling. Neben den ersten blühenden Vorfrühlingsboten wie Schneeglöckchen, Galanthus nivalis, Krokus, Crocus sp., und Knöllchen-Scharbockskraut, Ficaria verna, erscheinen auch ihre Blütengäste. Die auffälligsten Insekten zu Saisonstart im Garten sind Ölkäfer, Holzbienen und Tagfalter.

 

Tagfalter

Foto oben: Dieses Tagpfauenauge saugt genüsslich an einer Krokus-Blüte den Nektar. Frühlingsgeophyten sind für Insekten wertvolle Futterquellen im Frühling.

Das Tagpfauenauge, Aglais io, überwintert in geschützten Bereichen wie Kellern und Gartenschuppen. Sobald die Temperaturen steigen, ist der schöne Edelfalter zu beobachten. Zitronenfalter, Gonepteryx rhamni, und C-Falter, Polygonia c-album, überwintern im Freien und sind ebenfalls bei den ersten warmen Temperaturen aktiv. Distelfalter, Vanessa cardui, und Admiral, Vanessa atalanta, fliegen aus wärmeren Gefilden ein. Sie zählen zu den Wanderfaltern.

 

Holzbienen

Foto oben: Das Männchen der Großen Holzbiene, Xylocopa violacea, ist an ihren schwarz-orangen Fühlern zu erkennen. Dieses Männchen labt sich an Schneeball-Blüten.

Die eindrucksvollen Holzbienen, Xylocopa sp., fliegen ebenfalls relativ zeitig im Jahr. Aufgrund ihrer stattlichen Größe kann man sie im Garten nicht übersehen. Männchen und Weibchen überwintern und werden sich bald paaren, sodass es die nachfolgende Generation an Holzbienen gibt.

Ölkäfer

Foto oben: Bei der Paarung verweilen die Tiere regungslos. Das Weibchen ist – wie bei vielen Insekten – größer als das Männchen.

Ölkäfer, Meloidae, sind nicht zu übersehen. Diese imposanten Käfer mit etwas merkwürdigem Erscheinungsbild können nicht fliegen. Nun im Vorfrühling kommen sie aus ihren Winterquartieren um zu fressen und sich zu paaren. Das Weibchen ist deutlich größer als das Männchen. Als Nahrung dienen ihnen Gräserhalme, aber auch Blüten von Krokussen und anderen Blumen werden gerne angeknabbert. Nach wenigen Wochen sind die wunderlichen Käfer wieder verschwunden. Ich kenne die Tiere erst aus meinem Weinviertler Hortus Pannonicus. Und bereits 2019 habe ich ihnen einen eigenen Blogbeitrag gewidmet.

 

Mai-Langhornbiene, Aurorafalter und Laufkäferlarve – die Frühlingsbegleiter

Foto oben: Mai-Langhornbienenmännchen sind eindeutig zu bestimmen, da zu dieser Jarheszeit noch keine weiteren Langhornbienen-Arten aktiv sind.

Ab dem Frühling sind immer mehr Tiere, speziell Insekten, im Garten zu beobachten. Neben den früh fliegenden Holz- und Mauerbienen, Osmia sp., ist ab dem Mai auch die Mai-Langhornbiene, Eucera nigrescens, aktiv. Ihre Männchen sind an den langen „Hörnern“ zu erkennen. Die Weibchen legen ihre Nester im Boden an. Als Nahrung benötigen sie die Zaunwicke, Vicia sepium. Dieses schöne Gewächs habe ich im Garten durch Ansaat etabliert.

 

Aurorafalter

Foto oben: Das Weibchen des Aurorafalters hat keine orange Färbung.

Der Aurorafalter, Anthocharis cardamines, ist ein quirliger, kleiner Tagfalter. Er gehört zur Familie der Weißlinge. Als Blütenbesucher ist der Aurorafalter häufig auf Kreuzblüten wie dem Wiesenschaumkraut, Cardamine pratensis, oder der Knoblauchsrauke, Alliaria petiolaris, zu beobachten. An diesen Pflanzen werden auch die Eier einzeln abgelegt. Männchen und Weibchen sind aufgrund des Geschlechterdimorphismus gut zu unterscheiden. Die Flügelspitzen des Männchens sind oberseits orange gefärbt, wohingegen das Weibchen auf den Flügeloberseiten nur Weiß-Schwarz gezeichnet ist. Die liebenswerten Falter sind von April bis Juli als Imago zu beobachten.

Lederlaufkäfer

Foto oben: Die Larve des Lederlaufkäfers ist von beeindruckender Größe, aber völlig harmlos.

Bei der Gartenarbeit im Gemüsesenkgarten kam heuer plötzlich etwas merkwürdiges aus dem Boden hervor. Es handelte sich um die eindrucksvolle Larve des Lederlaufkäfers, Carabus coriaceus. Sie hatte eine Länge von etwa 5 cm, war oberseits schwarz und unterseits weiß gefärbt. Die Larve entwickelt sich im Boden.

Foto oben: Die Imago des Lederlaufkäfers ist ebenfalls von stattlicher Größe. Doch üblicherweise ist der Käfer bei Tag kaum zu entdecken, da er nachtaktiv ist.

Larve als auch Imago fressen Würmer, Schnecken und andere kleine Insekten, aber auch Aas. Sie gelten daher als Gartennützlinge.

 

Bienen-Schlafgemeinschaften, Schulterfleckiger Widderbock und Springfrosch – die Sommergäste

Foto oben: Wildbienen-Männchen finden sich zur Schlafgemeinschaft ein. 

Eine schöne Beobachtung konnte ich im Sommer ab dem Spätnachmittag machen. Mehrere Wildbienen-Männchen haben sich zu einer Schlafgemeinschaft an einem Blütenstand des Gold-Felberichs, Lysimachia punctata, eingefunden. Die Tiere versammeln sich und verbringen gemeinsam die Nacht. Viele Wildbienen-Männchen wie etwa die Männchen der Malven-Langhornbiene, Eucera macroglossa, bilden Schlafgemeinschaften.

Foto oben: Bis die Männchen tatsächlich schlafen, wird noch die passende Position gesucht. Das kann dauern.

Der Gold-Felberich ist nicht nur Schlafplatz. Er ist auch eine wichtige Nahrungsquelle für die spezialisierten Schenkel-Bienen der Gattung Macropis. Die heimischen Arten dieser Gattung – es sind Au-Schenkelbiene, Macropis europaea, und Wald-Schenkelbiene, Macropis flavipes – sammeln ausschließlich an der Pflanzengattung Lysimachia den Pollen, aber auch das Öl, das aus Drüsen ausgeschieden wird. Der Pollenbrei wird von den Weibchen zur Verproviantierung der Brut eingebracht.

Foto oben: Das Schenkelbienen-Weibchen sammelt Pollen und Öl des Gold-Felberichs. Beides wird zu Brei vermischt und dann in der Brutzelle verstaut. Proviant für die nächste Generation.

Da die Blumen von Lysimachia-Arten nur Pollen und Öl produzieren, müssen die Weibchen und Männchen zur eigenen Nahrungsaufnahme andere Blüten besuchen. Nicht nur ich bin eine Wildbienenfreundin. Sylvia Wanzenböck ist Wissenschaftlerin am Naturhistorischen Museum Wien. Sie beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Wildbienen. Im Interview hat sie mir erzählt, warum sie gerade diese Gruppe der Hautflügler so fasziniert.

 

Schulterfleckiger Widderbock

Foto oben: Wie auch andere blütenbesuchende Bockkäfer bevorzugt er Doldenblültler und Schafgarben als Nahrungsquelle. Dieses Exemplar habe ich jedoch auf einer Vexiernelke, Lychnis coronaria, entdeckt.

Bockkäfer sind eine artenreiche Gattung. Und eine stattliche Anzahl gilt als Blütenbesucher. Auch in meinem Garten gibt es einige Bockkäfer-Arten. Heuer konnte ich erstmals den Schulterfleckigen Widderbock, Chlorophorus figuratus, beobachten. Er hat eine schwarze Grundfärbung und eine weiße Zeichnung, an der  er eindeutig zu erkennen ist.

Foto oben: Der Veränderliche Widderbock hat eine attraktive Zeichnung und ist dicht behaart.

Sein Verwandter, der Veränderliche Widderbock, Chlorophorus varius, ist ebenfalls ein häufiger Blüten- und Gartenbesucher. Er ist aufgrund seiner leuchtend Gelb-Schwarzen-Färbung gut zu erkennen. Diese Bockkäferarten sind als wärmeliebende Arten nur in Weinbauklimaten häufig anzutreffen.

Doch nicht nur Bock- und Laufkäfer sind im Garten. Auch die Gruppe der Blatthornkäfer, zu denen Goldglänzender Rosenkäfer, Cetonia aurata, und Trauer-Rosenkäfer, Oxythyrea funesta, zählen, sind im Garten häufig. Den Blatthornkäfern habe ich meinen Juli-Blog gewidmet.

 

Springfrosch

Foto oben: Der kleine Springfrosch ist wachsam. Bei nur wenigen Zentimetern Körpergröße hat er viele Feinde und wird leicht selbst zur Beute.

Obwohl mein Garten ein ausgesprochener Trockenstandort ist, kann ich regelmäßig den Springfrosch, Rana dalmatina, beobachten. Heuer habe ich gleich mehrere Exemplare entdeckt. Die Springfrösche waren nur einige Zentimeter groß und durch ihre bräunliche Färbung gut getarnt. Der Springfrosch ist, wie alle Amphibien, durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) in der EU streng geschützt. Eine Freude, ihn bei mir begrüßen zu dürfen.

 

Hermelin – Gartenbesucher im Herbst

Foto oben: Das Hermelin lugt scheu hervor. Es war nicht einfach, es vor die Linse zu bekommen.

Im Herbst konnte ich das Hermelin, Mustela erminea, als ungewöhnlichen Gartenbesucher entdecken. Sein Besuch ist wohl meinem Mäusereichtum zu verdanken. Denn ähnlich wie schon 2019, hatte ich auch heuer wieder sehr viele Mäuse im Garten. Flinkes Wiesel ist für das Hermelin treffend. Dem kleinen Raubtier habe ich meinen November-Blog gewidmet.

 

Das Jahr der Biodiversität

Foto oben: Hier eine Schlafgemeinschaft von Malven-Langhornbienen Männchen. 

Mein Jahr der Biodiversität neigt sich dem Ende zu. Mein persönliches Fazit: Wer den Tieren ausreichend Nahrungsangebot, einen Ort zum schlafen, sich zu paaren und zu nisten bieten kann, wird auch viele Tiere beobachten. Jeder kann etwas Positives zum Erhalt der Biodiversität tun. Besonders im Garten, auf dem Balkon und der Terrasse haben wir viel Gestaltungsspielraum. Dieses Potenzial müssen wir nutzen. Denn es wäre ein schmerzlicher Verlust, alle diese wunderschönen und ökologisch wertvollen Lebewesen nicht mehr beobachten zu können. Also: Lasst das Grün sprießen!