Im letzten Blogbeitrag gab es das Interview mit der WILD SEIN Gärtnerin Martha Plößnig zu lesen. Im Interview erwähnte Martha einige spannende Pflanzenarten, die ich nun in diesem Beitrag und den nächsten zwei Blogartikeln vorstelle.

Echte Wilde

 

Wald-Erdbeere – kleine Pionierpflanze mit köstlichen Früchten

Wald-Erdbeeren, Fragaria vesca, gehören zu den Rosengewächsen, Rosaceae. Sie werden nur etwa 15 cm hoch. Bei guten Bedingungen blühen sie von Frühling bis Sommer, ähnlich wie die Monatserdbeeren, die noch länger und größeren Ertrag bringen. Der intensive Geschmack ist unvergleichlich. Und für diverse Süßspeisen zu verwenden. Die getrockneten Blätter können Teemischungen beigefügt werden. Sie gelten in der Heilkunde als blutreinigend. Die Wald-Erdbeere ist häufig auf mittelalterlichen und Renaissance-Gemälden dargestellt. Denn neben ihrer Verwendung als Heil- und Nutzpflanze hat die Wald-Erdbeere auch Symbolwert. Sie ist ein Sinnbild für Weltlust, Verlockung und Sinnesfreude. Sie steht aber auch für Rechtschaffenheit, fromme und gute Gedanken.

Die Wald-Erdbeere ist eine Wildform unserer heutigen Monatserdbeere. Die wilden Beeren, die gar keine Beeren sind, sondern eigentlich Sammelnussfrüchte, wachsen an eher sonnigen ruderalen Stellen, Waldsäumen oder auf Böschungen. Durch ihre Absenker besiedeln diese kleinen Pionierpflanzen rasch mehrere Quadratmeter. Auch im wilden Nützlingsgarten wandern die Wald- und Monatserdbeeren fröhlich herum. Erdbeeren sind einfach zu kultivieren.

Ich mag ihr attraktives Laub und die zierlichen Blüten. Und wenn man die kleinen Früchte  im Frühsommer und Sommer naschen kann, ist es ein Hochgenuss. Daher dürfen Erdbeeren in keinem Naschgarten fehlen. Besonders Kinder lieben sie.

Mein Tipp: Zermanschte Erdbeeren mit Schlagobers

Schon als Kinder sammelten meine große Schwester und ich mit großem Eifer die köstlichen Walderdbeeren. Dann wurden sie zermanscht und mit Schlagobers und Zucker zu einem feinen „Erdbeer-Gatsch“ verrührt. Hört sich nicht besonders fein an, ist aber einfach köstlich.

Gundelrebe – kleines Kraut mit Wuchskraft

Hier blüht die violette Gundelrebe, auch als Gundermann bekannt. Die herabgefallenen Forythienblüten bilden einen schönen Farb-Zweiklang.

Die Gundelrebe, Glechoma hederaceae, findet sich in vielen Kräuterrasen. Dort schlängelt sie sich mit seinen Ranken bodennah zwischen Gräser und anderen Pflanzen hindurch. Daher wird sie auch trefflich als Erdefeu bezeichnet. Die Gundelrebe ist eine Zeigerpflanze. Dort wo sie wächst, zeigt sie frische und nährstoffreiche Böden an. Bei den Lichtverhältnissen ist sie weniger wählerisch. Sonne bis Schatten, alles wird toleriert. Daher kann man sie in lichten Auwäldern und Gebüschen ebenso antreffen, wie in Fettwiesen und Gärten.

Das heimische Wildkräutlein gehört zu den Lippenblütlern, Lamiaceae. Es ist mehrjährig, hat rundliche gekerbte Blätter und blau-violette Blüten. Sie erscheinen schon von März bis April und sind eine frühe und wichtige Insektenweide. Vor allem für wilde Bienen und Hummeln. Aber Achtung: Für Pferde ist dieses kleine Wildkraut giftig.

Die runden Blätter schmiegen sich an den Boden.

Die Blütezeit ist schon sehr früh im März und April.

Aber für uns Menschen ist die Gundelrebe nutzbar. Als Heilkraut hilft sie gegen Appetitlosigkeit und Magenverstimmungen. In der Küche kann man ihre Blätter für Wildkräuter-Frühlingssalate gemeinsam mit Blättern von Schafgarbe, Kerbel, Brunnenkresse, Gänseblümchen, Brennnesseln und Birken verwenden. Sie passt in Aufstriche und Kräuterbutter ebenso. Dennoch sparsam einsetzen. Denn ihre Gerb- und Bitterstoffe sind würzig, aber tatsächlich sehr bitter. Sie ist reich an Vitamin C.

So sieht mein artenreicher Kräuterrasen aus: Gras, Gundelrebe, Pfennigkraut, Moos…

Wenn ich meinen Kräuterrasen mähe, steigt mir der würzige Duft der Gundelrebenblätter in die Nase. Ich liebe ihren Duft und bekomme sofort Appetit. Daher mische ich mir ihre Blätter gerne in die Kräuterbutter. Dazu ein paar gekochte Erdäpfel. Einfach köstlich. Aber meinem Ehemann sind die Blätter viel zu bitter. Er mag die Gundelrebe gar nicht. So verschieden sind Geschmäcker.

Vogelsternmiere – zierliches Gartenbeikraut

Die Vogelsternmiere, Stellaria media, ist ein typisches Garten- und Ackerunkraut auf frischen Böden. Das unscheinbare einjährige Nelkengewächs, Caryophyllaceae, wird zwischen 15 und 40 cm hoch, hat kleine herzförmige Blätter und winzige weiße Blütchen. Der Artname stellaria verweißt auf die sternförmigen Blüten. Der Deutsche Name Vogelsternmiere oder einfach Vogelmiere bezieht sich darauf, dass sie gerne von Vögeln gefressen wird. Doch auch wir Menschen können die Blätter essen. Sie passen roh in Salate, können aber auch wie Spinat gekocht werden. Sie ist für Suppen geeignet. Besonders im Mittelalter landete das niedliche Gewächs im Kochtopf. Doch auch seine medizinische Wirkung ist nicht zu unterschätzen. Da es eine kühlende und beruhigende Wirkung hat, wird die Vogelmiere für Umschläge und Salben gegen Hautreizungen, Frostbeulen und Geschwüren, aber auch gegen schmerzende Augen verwendet.

Martha mag die Vogelmiere. Sie ist ein Kraut, das bereits zeitig im Frühjahr wächst. Ich kenne sie aus dem Gemüsegarten meiner Mutter. Meine Mutter nannte sie immer Hühnerdarm. Ein Volksname der Pflanze, der vielleicht auf die zählen Stiele zurückzuführen ist.

Brennnessel – ein wildes Unikum

Brennessel mit Zweipunktiger Wiesenwanze, Closterotomus norvegicus syn. Calocoris norvegicus. Diese Weichwanze legt ihre Eier in Stängeln und saugt vorzugsweise an Nesseln, Disteln, Klee und anderen Pflanzen.

Die Brennnessel, Urtica dioica, ist wohl ein Gewächs, das viele von uns kennen. Man nennt sie auch Donnernessel und Zingel. Sie ist eine Zeigerpflanze. Dort wo sie wo sie gedeiht, zeigt sie an, dass der Boden stickstoff- und nitratreich ist. Sie mag nährstoffreiche, nicht zu trockene Standorte von Sonne bis Halbschatten. Daher siedelt sie sich wild häufig an nitrophilen Waldsäumen und Gebüschrändern und an ruderalen von Menschen ungenutzten Brachen an. Die heimische mehrjährige Pflanze kann bis zu 1,5 m hoch wachsen. Ihre sommergrünen Blätter sind herzförmig mit einer langen Spitze. Die Blüten sind unscheinbar grün. Das Brennnesselgewächs, Urticaceae, hat Brennhaare, die Nesselausschläge auf unserer Haut verursachen. Doch obwohl so wehrhaft erscheinend, gibt es zahlreiche Schmetterlingsarten, deren Raupen sie als Futterpflanze haben: Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Admiral etwa nehmen ausschließlich Brennnessellaub zu sich.

Die Raupen des Tagpfauenauges, Inachis io, treten immer in Massen auf. Sie sind schwarz mit weißen Punkten und mit Dornen bewehrt.

Die Schmetterlinge sind eher Einzelgänger und häufig auf Korbblütlern ihren Nektar saugend anzutreffen. Hier auf einer Garten-Chrysantheme.

Auch wir Menschen nutzen die Brennnessel auf verschiedene Weise. In der Pflanzenheilkunde kennt man schon lange die zusammenziehende, antiasthmatische und harntreibende Wirkung. In der Medizin gilt der Tee aus den getrockneten Blättern als entgiftend. In der Kosmetik wird der Auszug aus den Blättern gegen Schuppen und stumpfes Haar verwendet. In der Küche kann man diverse Speisen aus ihr zubereiten. So hat meine Großmutter immer aus den jungen Blättern den Brennnesselspinat gekocht.

Bis in 20. Jahrhundert wurden die Fasern, ähnlich wie Hanf, zu Stoff, dem „Nessel“ verarbeitet. Daher auch ihre Namen Tissel und Hanfnessel.

Wilde Gewächse für das Staudenbeet

Alant – imposant und wunderschön

Auch der Alant ist für viele Tagfalter ein Hochgenuss. Hier ein Kleiner Fuchs, Aglais urticae. Auchs eine Raupen nehmen ausschließlich Brennnessellaub zu sich.

Der Echte Alant, Inula helenium, ist eine imposante Erscheinung. Bis 3 m hoch kann die Pflanze wachsen. Kein Gewächs für kleine Gärten. Das heimische Heilkraut ist mehrjährig. Von Juli bis August blühen seine goldgelben Korbblüten. Wie viele Korblütler, Asteraceae, ist auch der Alant eine Heilpflanze. Schon Plinius schrieb, dass der römische Kaiser Augustus die tägliche Einnahme der Alantwurzel propagierte. Sie sei für die Verdauung und Lebensfreude förderlich. Ihre kandierten Wurzeln waren vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert sehr beliebt. Diese wird bei Brutschmerzen und Asthma eingesetzt. Ein Aufguss aus den Wurzeln soll gegen Husten, Halsschmerzen und Bronchitis helfen. Auch bei Hautproblemen findet der Große Heinrich, wie ein weiterer Name lautet, Verwendung.

In Marthas WILD SEIN Garten ist genug Platz für das sonnenhungrige Heilkraut, das auch als Helenenkraut, Schlangen- und Glockenwurz bekannt ist. Und neben ihrer Heilwirkung ist die Pflanze eine gute Insektenweide.

Eine wahrlich imposante Erscheinung  im Garten.

Die Blüten strahlen wie die Sonne.

Mein Tipp für kleine Gärten: Zwerg-Alant

Nicht jeder hat einen großen Garten, wo der Alant wachsen kann. Ihm sehr ähnlich im Aussehen, aber in Miniatur-Form geschrumpft sozusagen ist der Zwerg-Alant, Inula ensifolia. Er liebt auch die Sonne, verträgt aber auch Trockenheit sehr gut. Der Zwerg-Alant wird nur etwa 40 cm hoch und passt somit auch gut in kleine Gärten oder auf den Balkon und die Terrasse. Obwohl sonst dem großen Echten Alant im Escheinungsbild sehr ähnlich, besitzt diese Staude keine Heilkräfte. Aber sie ist eine gute Insektenweide.

Herzgespann – eindrucksvoll wie sein Name

Eine typische Pflanze der Bauern- und Kräutergärten ist das Herzgespann, Leonurus cardiaca. Dieser Lippenblütler, Lamiaceae, ist auch unter den Namen Herzgold, Herzkräutel, Löwenschwanz, Löwenschweif und Schwanzchrut bekannt. Cardiaca als auch der Wortteil Herz deuten an, dass es in der Medizin als Herzmittel eingesetzt wird. Es soll das Herz stärken und auch gegen Klimakteriumbeschwerden wie Hitzewallungen und Angstzustände, aber auch gegen Blähungen und Magen-Darmstörungen helfen.

Neben seiner Heilwirkung ist es eine hervorragende Insektenweide. Aber auch sein attraktives Erscheinungsbild ist für jeden Garten eine Zier. Marhta hat es treffend formuliert: „Als ich das Herzgespann zum ersten Mal sah, war es wie eine Erscheinung.“ Und tatsächlich. Das Herzgespann hat ein spezielles Erscheinungsbild, das sich von anderen Pflanzen sehr unterscheidet. Das heimische mehrjährige Kraut kann rund 1,5 m hoch werden. Es hat einen 4-kantigen Stängel. Die tatzenartigen Blätter sind in Etagen angeordnet. Die blassrosa, manchmal auch weißen Blüten sind in Scheinquirln vereint.

Die Blätter einer Jungpflanze sind noch deutlich heller als bei den Adulten.

Die Blüten sind relativ unscheinbar. Aber für Insekten dennoch anziehend.

Das interessante Gewächs ist anspruchslos. Es wächst auf trockenen bis frischen Böden von der Sonne bis in den Halbschatten. Und es versamt sich reichlich. Auch ich mag das Herzgespann, weil es einfach wild schön ist.

Wilde Karde – wehrhaft und wild schön

Wilde Karde, Kardendistel, Kratzkopf oder einfach nur Karde. Dipsacus fullonum, wie ihr botanischer Name lautet, hat in der deutschen Sprache viele Namen. Das Kardengewächs, Dipsacaceae, ist, wie ihre Verwandten, ein Magnet für Wildbienen, Hummeln und auch Schmetterlinge. Es ist eine zweijährige Rosettenpflanze. Im ersten Jahr bildet die Karde eine Blattrosette aus. Im zweiten Jahr gelangt sie zur Blüte. Ihr ovaler Blütenstand kann an sehr hohen, bis 2,5 m langen Stielen sitzen. Mastige Pflanzen haben Verzeigungen an denen die Blütenstände sitzen. Dort bilden sie mit ihren Blättern kleine Wassersammelbecken aus. Daher bezeichnet man die Karde auch als Zisternenpflanze.

Die stängelumfassenden Blätter bilden Wassersammelbecken aus. Daher werden sie als Zisternenpflanzen bezeichnet.

Manchen Insekten wie diesen Französischen Feldwespen, Polistes dominul, ist das zum Verhängnis geworden.

Der Blütenstand besteht aus vielen hell violett-blauen Einzelblüten. Sie erscheinen im Sommer. Auch nach der Blüte bietet die Wilde Karde einen attraktiven Anblick. Und sie ziert den Garten den gesamten Winter hindurch. Dabei wird sie gerne von Stieglitzen, auch Distelfink genannt, besucht. Sie holen sich die nahrhaften Samen. Die Karde stellt keine hohen Ansprüche. Aber sie liebt sonnige Plätze. Einmal etabliert, samt sie sich reichlich aus und ist eine dekorative Pflanze für jeden wilden Nützlingsgarten.

Karden haben ein elegantes Erscheinungsbild.

Im Winter zieren die Blütenstände den Garten.

Auch in der Medizin und Küche kann die Karde verwendet werden. So gilt sie als hilfreiches Mittel gegen Borreliose, Hautbeschwerden, Rheuma, Gelenkschmerzen und Gallenbeschwerden. In der Küche wird sie Likören zugesetzt und die getrocknete Wurzel als Pulver in diversen Backwaren beigemischt.

 

Marthas wilde Blumen und Kräuter erfreuen uns Menschen, aber auch viele Wildtiere. Im nächsten Beitrag lernen wir Exoten kennen. Einige, die Martha nicht riechen kann. Andere, die einfach im wilden Bauerngarten wachsen.