Foto: Paul Bauer

Martin kontrolliert die Waben. Diese sind bereits mit reichlich Honig befüllt.

Meine Kindheitserinnerungen über die Imkerei habe ich im Blogartikel „Die Welt der Honigbienen und Bienenmenschen“ geschildert. Der Beruf des Imkers fasziniert und interessiert mich schon seit meiner Kindheit. In diesem Interview mit Martin Manyet möchte ich mehr über die Imkerei erfahren.

 

Martins Weg zum Bio-Imker

Sonja:  Hallo Martin. Schön, dass du dir für das Interview Zeit nimmst. Mich würde interessieren, wie du zur Imkerei gekommen bist? Und wie kann man das Imker-Handwerkszeug erlernen?

Martin: Hallo Sonja, mich freut dein Interesse an meiner Geschichte. In der Kindheit kam ich über meinen Vater in Kontakt mit den Bienen. Aber erst mit Mitte zwanzig habe ich mich dafür entschieden, Bienen zu halten. Daraufhin ist uns – meiner Frau Verena und mir – ein Schwarm zugeflogen. Was für ein schönes Zeichen. Mit der Faszination alleine kann man aber keine Bienen halten. Daher machte ich die Ausbildung zum Imker Facharbeiter, anschließend den Imkermeister, den ich 2020 abgeschlossen habe. Das ist die offizielle Schiene über das LFI (Ländliches Fortbildungsinstitut) der Landwirtschaftskammern. Es gibt aber auch die Möglichkeit einer Lehre bei Meisterbetrieben.

 

Die Tätigkeiten des Imkers im Jahresverlauf

Sonja: Kann man die Imkerei auch als Hobby betreiben? Wie viel Zeit nimmt sie in Anspruch? Und wann ist im Jahresverlauf am meisten zu tun?

Martin: Nach meinem Wissensstand sind mehr als 95% der Österreichischen Imker Hobbyimker. Aber es gibt auch einige Betriebe in Österreich, die die Imkerei im Haupterwerb betreiben. Je nach Vertrieb, Betriebsumfeld und persönlichen Bedürfnissen kann man ab 80 Wirtschaftsvölkern davon leben. Wie viel Zeit die Imkerei in Anspruch nimmt, kann man pauschal schwer sagen. Prinzipiell ist die Arbeit mit den Bienen eine saisonale Sache. Beginnend im Frühjahr mit der Auswinterung Ende März, Anfang April. Im Mai, Juni und Juli ist Hochsaison. Da ist teilweise so viel zu tun, dass kaum Zeit für anderes bleibt. Mit einem lachenden und einem traurigen Auge, denn wir Imker lieben unsere Arbeit! Abhängig ist das wiederum von der Völkeranzahl und der Betriebsweise. Das heißt: Betreibe ich Vermehrung oder Königinnenzucht? Wandere ich in verschiedene Trachten, also den Futterquellen? Oder bin ich reiner Standimker? Im Spätsommer wird die Arbeit nach der Varroa-Milben-Behandlung dann rasch weniger. Je nach Lage in Österreich ist die Saison kürzer oder länger. Beispielsweise im Osten kann sich der Herbst mittlerweile bis in den Oktober ziehen. Das verlängert auch die Arbeitszeit bei den Bienen. Und ist für diese und den Imker nicht immer gesund.

: Paul Bauer

Martin bei der Bienenköniginnezucht. Künftige Königinnen werden nur mit Gelee Royal gefüttert.

Stressfaktoren und Gefahren für Bienenvölker

Sonja: Brauchen Honigbienen viel Zuwendung? Wie ist es mit Krankheiten oder Schädlingen? Und macht ihnen der Klimawandel zu schaffen?

Martin: Wie eben Angesprochen ist das größte Problem momentan der Klimawandel mit den warmen Herbsttagen. Die Bienen kommen üblicherweise mit fallenden Temperaturen in eine Winterruhe und bleiben im Stock. Die im Spätsommer gebildeten Winterbienen haben für diese lange Periode einen größeren Fett- und Eiweiß-Polster angelegt. Um die nötige Stockwärme zu erzeugen und die Königin zu versorgen. Übrigens leben Königinnen mehrere Jahre, Sommerbienen mehrere Wochen – durch die hohe Arbeitsleistung haben sie eine kurze Lebensspanne, Winterbienen mehrere Monate, da sie nur Wärmen müssen. Durch die warmen Temperaturen und Gründüngungen im ländlichen Bereich, wie Ackersenf, Buchweizen und anderes arbeiten sich die Winterbienen ab. Auch die Königin bleibt dann manchmal weiter in ihrer Bruttätigkeit. Diese stoppt erst mit dem einsetzenden Frost ihre Legetätigkeit, wenn das wärmen des Brutnestes auf rund 36 Grad Celsius zu viel Energie kostet. Damit hat ein Schädling, die Varroa Milbe, einen großen Vorteil. Diese vermehrt sich dann in der Brut. Die parasitische Milbe spielt nach wie vor eine sehr große Rolle in der Imkerei. Seit sie in den frühen 1980-er Jahren bei uns aufgetreten ist, wurden viele Methoden entwickelt, mit ihr fertig zu werden. Aktuell geht der Trend zu alternativen der bisherigen Behandlungsmittel. Hyperthermie ist ein relevantes Thema geworden. Hier wird der Umstand genutzt, dass die Varroa-Milbe bei einer niedrigeren Temperatur eher stirbt als die Biene. Es gibt auch Bestrebungen im Bereich der Zucht. Also Bienen so weit zu züchten, dass sie mit der Milbe fertig werden. Das geht in die Richtung wie die Evolution arbeitet: Nur die robusten überleben. Weltweit gibt es rund 10 Populationen der Apis Mellifera, der Westlichen Honigbiene, die eine gewisse Resistenz gegen die Varroa entwickelt haben. Neben der Milbe gibt es noch eine andere, von vielen Imkern gefürchtete Bienenkrankheit, die in Österreich anzeigepflichtige Amerikanische Faulbrut. Das ist eine bakterielle Erkrankung der Brut. Sie hat schwerwiegende Folgen für das Volk. Und kann den gesamten Bienenstand bis hin zu allen umliegenden Bienenständen gefährden. Die adulte Biene ist zwar immun, überträgt aber das Bakterium beim Füttern der Brut. Durch Verflug kranker Bienen oder wenn das Volk nicht mehr lebensfähig ist, suchen sich die übrigen Bienen bei anderen Völkern ein Zuhause und stecken diese an.

Was Honigbienen für ein gesundes Leben brauchen

Sonja:  Das klingt nicht so rosig. Daher ist wohl oberstes Ziel, die Bienenvölker gesund zu halten. Was benötigen denn eigentlich Honigbienen, um sich wohl zu fühlen? Und damit auch vital zu bleiben?

Martin: Bienen sind – wie wir Menschen – Meister der Kompensation. Sie schaffen es durch die hohe Legetätigkeit der Königin, sich überproportional zu vermehren und so potente Völker entstehen zu lassen, dass sie Umweltprobleme und Krankheiten oft über längere Zeit entgegenwirken können. In der freien Natur, ohne die Eingriffe des Menschen, regelt sich vieles von alleine. Wenn ein Volk den Winter überlebt, weil es im Vorjahr genug Vorräte anlegen konnte und es in diesem Jahr bis zur geschlechtsreife bringt und sich teilen, das heißt vermehren kann, dann hat es alles, was es braucht. Im Wesentlichen braucht es ein breites Nahrungsangebot aus Pollen und Nektar, sowie eine Nisthöhle. Das war bisher ein Hohlraum in Bäumen. Durch die intensive Waldwirtschaft raubt man den üblichen Lebensraum wild lebender Bienenvölker. Daher bieten wir Imker ihnen Ersatzquartiere.

Foto: Paul Bauer

In der Hochsaison herrscht reger Betrieb bei den Honigbienen.

Sonja:  Wo stellst Du Deine Bienenstöcke auf? Und was ist dabei zu beachten?

Martin: Ich bin immer auf der Suche nach den optimalen Standplätzen für meine Bienenvölker. Das ist oft eine verzwickte Angelegenheit. Einerseits muss ich ein paar wichtige Dinge für die Bienen beachten, andererseits muss die Lage der Stände für mich mit dem Auto erreichbar sein. Nur so kann ich effizient arbeiten. Wichtig für die Bienen ist ein Windgeschützter, trockener Platz mit Sonne und Schatten. Und im umgebenden Gebiet sollte eine gute Pollenversorgung und ein ausreichendes Nektarangebot sein.

Imkern in der Stadt

Sonja: Die Stadt-Imkerei ist modern geworden. Eine Art Imagepflege von hippen Hotels und Lokalen, auf ihren Dächern Bienenstöcke aufzustellen. Ist das ein Werbegag? Oder geht das wirklich?

Martin: Wien ist eine der wenigen Städte der Welt mit einer sehr hohen Bienendichte. Es funktioniert sehr gut. Auch in den dicht bebauten Bezirken. Bienen auf Dächern ist die beste Lösung. Auf Balkonen oder anderen Lagen, zu dicht an Anrainern, ist abzuraten. Es gibt in jedem Bundesland Bienenzuchtgesetze, in denen Abstandsregelungen aufgeführt sind, die einzuhalten sind. Je grüner und je mehr Diversität im Nahrungsangebot in der Stadt vorhanden ist, desto attraktiver ist es für Bienenvölker. Ein weiteres Argument ist der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Dieser ist in der Stadt, zumindest in Wien, nicht gegeben. Auch ist bei intensiver Landwirtschaft eine Verarmung der Natur und damit eine einseitige Ernährung der Bienen eine Folge. Somit ist das Imkern in der Stadt eine spannende Angelegenheit.

 

Villa Erbse – Home Base für Martin und Verena

Sonja:  Wie bist Du auf den Namen Villa Erbse gekommen?

Martin: Der Name existiert schon lange vor der Imkerei. Eine Kreation meiner Frau Verena. Weil unser Haus keinen Namen trägt, wie so viele Villen hier bei uns in der Gegend. Wer bei uns schon einmal Honig gekauft hat, weiß wieso es diesen Namen trägt. Für die Imkerei wollte ich außerdem nie einen Namen haben, der etwas mit Bienen oder deren Behausung zu tun hat. Er soll viel mehr mit dem Ort an dem etwas entsteht, und den Menschen die dort leben verbunden sein.

Sonja:  Danke für das interessante Interview.

 

Martin Manyet…

Foto: Paul Bauer

…liebt Honig

…entwickelt gerne eigene Honigkreationen

…ist leidenschaftlicher Bio-Imker in Wien

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IM Martin Manyet

Villa Erbse Bioimkerei